Navigation auf uzh.ch

Suche

Historisches Seminar

Digitale Edition und globale Mikrogeschichte: ein Basler Kolonialsöldner in der südostasiatischen Inselwelt des 17. Jahrhunderts

Ambon_Illustration

Er nahm am Kriegszug gegen den Sultan von Ternate teil, der sich den niederländischen Hegemonialansprüchen widersetzte, führte im Namen der Vereenigden Oostindische Compagnie (VOC) diplomatische Missionen im malaiischen Archipel durch, bei welchen seine interkulturellen Verhandlungsfähigkeiten an ihre Grenzen stießen, und diente als Leibgardist des Kolonialgouverneurs auf der Molukken-Insel Ambon, dem weltweit führenden Produktionsgebiet von Gewürznelken. Daneben las er Reiseberichte und tauschte sich mit einem hessischen Naturforscher aus, welcher bemüht war, die Tier- und Pflanzenvielfalt der südostasiatischen Inselwelt zu erfassen und so einen Beitrag zu leisteten, um die kolonisierten Räume einer europäischen Wissensordnung zu unterwerfen. Die Erfahrungen, die er während seines siebenjährigen Einsatzes (1679-1686) im Dienste der niederländischen Ostindienkompanie sammelte, verarbeitete der Basler Söldneroffizier Johann Heinrich Sulger nach der Rückkehr in seine Heimatstadt zu einem fünfhundertseitigen, in deutscher, niederländischer und lateinischer Sprache verfassten Reisebericht: ein Text, der außerordentliche Einblicke in die Geschichte migratorischer, militärischer und ökonomischer Verflechtungen zwischen Basel, der Vereinigten Niederlande und den mit europäischen Kolonialbestrebungen konfrontierten Gesellschaften im heutigen Indonesien eröffnet.

Die Handschrift der Neuwen Oost Indianische Reiß Beschreibung liegt im Kellermagazin der Universitätsbibliothek Basel und wartet darauf, veröffentlicht zu werden. Im Herbstsemester 2022 haben Studierende der UZH und der Universität Basel damit begonnen, die Handschrift zu transkribieren. Die Editionsarbeit wird nun im Rahmen des SNF-Projektes «Digitale Edition und globale Mikrogeschichte» (2024-2028) durchSusanna Burghartz,Myriam Schmidt undRoberto Zaugg weiterentwickelt. Unser Projekt verfolgt ein doppeltes Ziel. Zum einen soll dieses reichhaltige Selbstzeugnis in TEI-codierter digitaler Form und als Buchpublikation veröffentlicht werden. Der frühneuzeitliche Text wird dabei über eine kritische Annotation erschlossen, kartographisch illustriert, intertextuell verlinkt und so für eine breitere Leserschaft zugänglich gemacht. Zum anderen wird der Reisebericht selbst durch einen global-mikrohistorischen Ansatz wissenschaftlich ausgewertet und für die Untersuchung von vier Kernaspekten fruchtbar gemacht: dem niederländischen Kriegskapitalismus im maritimen Südostasien; der Rolle von Verwaltung, Justiz und Strafpraktiken bei der Aufrechterhaltung kolonialer Herrschaft, der interkulturellen Diplomatie zwischen der VOC und den islamisch geprägten Insel-Sultanaten des malaiischen Archipels; sowie den im Reisebericht feststellbaren intertextuellen Bezügen und der Geschichte der Molukken als kolonialem Wissensraum.

Team: Roberto Zaugg (UZH, Projektleitung), Myriam Schmidt (UZH, wissenschaftliche Mitarbeiterin), Susanna Burghartz (Universität Basel, Kooperationspartnerin und Mitherausgeberin)