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Lehrveranstaltung im Herbstsemester 2019, Mittwoch 10 – 12 Uhr, Hörsaal KO2-F-153
Wie kann ein historisches Thema anschaulich und spannend, aber dennoch wissenschaftlich adäquat einem breiteren Publikum vermittelt werden? Dieser Frage widmen wir uns in dieser Lehrveranstaltung, indem wir Podcasts produzieren und damit eine neuartige Form von Leistungsnachweisen testen. Die Verbreitung digitaler Technologien im Alltag (Digitalisierung) macht es immer leichter, unterschiedliche Medieninhalte selber zu produzieren - aber worauf ist dabei zu achten? Welches Potenzial eröffnet sich damit, aber auch welche Gefahren sind damit verbunden? Die Veranstaltung findet statt im Rahmen des Projektes Digitale Leistungsnachweise, das vom Lehrkredit der UZH und Digitale Lehre und Forschunge (DLF) gefördert wird.
Gemeinsam erarbeiten wir Grundlagen, um ein wissenschaftliches Thema als Audiodatei aufzubereiten. Wir erhalten dabei Input von Fachleuten aus dem Radio und online-Publishing und vertiefen dabei mediale Kompetenzen: wie wird ein Podcast idealerweise gestaltet? Wie wird ein Spannungsbogen erzeugt? Wie soll mit der Schwierigkeit umgegangen werden, wissenschaftliche Präzision und anschauliche Vermittlung in Übereinstimmung zu bringen? Für welche Inhalte eignen sich Podcasts - und wofür sind sie nicht geeignet?
Für die Podcasts werden unter anderem Interviews mit Forschenden geführt, um so Einblicke in die Forschungspraxis zu erhalten, den wissenschaftliche Publikationen nicht vermitteln können: welche Schwierigkeiten und Probleme ergeben sich im Verlauf des Forschungsprozesses? Wie stark wird die Forschung von ausserwissenschaftlichen Kontroversen beeinflusst?
Die Zeitgeschichte Rumäniens lässt grundlegende Entwicklungen moderner Gesellschaften exemplarisch hervortreten: die doppelte Herausforderung, aus heterogenen Territorien einen Nationalstaat zu formen sowie die Modernisierung eines nach klassischen Kriterien „rückständigen“ Landes. Die sich daraus ergebenden Spannungen prägen Rumänien bis heute. In der Zwischenkriegszeit entwickelte sich in Rumänien eine der bedeutendsten faschistischen Bewegungen Europas, die Legion des Erzengels Michael/Eiserne Garde (Video: Aufmarsch faschistischer Legionäre vor dem Königspalast in Bukarest nach der Machtübernahme von General Ion Antonescu, 21. September 1940; Video: Vereidigung der faschistischen Grünhemden vor Horia Sima und Ion Antonescu nach Errichtung des "national-legionären Staates", 6. 10. 1940).
Im Zweiten Weltkrieg führte Rumänien unter dem Militärmachthaber Ion Antonescu (ein enger Verbündeter Hitlers) eine eigenständige Form des Holocausts durch (Video: Das Pogrom von Iasi vom Juni 1941 als Auftakt des rumänischen Holocaustes). Nach dem Zweiten Weltkrieg etablierte sich ein sozialistisches Regime sowjetischer Prägung, das unter Nicola Ceaueșescu einer der repressivsten Überwachungsstaaten mit einem absurd übersteigerten Personenkult war (Video: Nationalfeiertag am 23. August 1986), der sich am Vorbild Nordkoreas orientierte (Video: Besuch Ceaușescus in Nordkorea 1971). Ceaușescus spektakulärer Sturz 1989 (Video: Flucht Ceaușescus vom ZK-Gebäude am 22. Dezember 1989) brachte die politische Öffnung.
Seither wird über die Vergangenheit extrem kontrovers gestritten (Video: Tumult im rumänischen Parlament anlässlich der Veurteilung des Kommunismus durch Präsident Traian Băsescu, Dezember 2006). Die Aufarbeitung der Geschichte ist dabei stark von gesellschaftspolitischen Interessen geprägt, was den Forschungsprozess oft erschwert. In direktem Kontakt mit einschlägig arbeitenden Forschenden fragen wir, wie unterschiedliche Wissenschaftskulturen (in Rumänien, im deutschsprachigen oder angelsächsischen Raum) sich der jüngeren Geschichte Rumäniens annähern.
Die Produktion der Podcasts als Leistungsnachweise ermöglicht dabei forschungsnahes Lernen, bei dem medienspezifische Besonderheiten der Darstellungsform und Erzählstrategien für die Vermittlung wissenschaftlicher Erkenntnisse reflektiert werden. Zudem fordert das Thema zur Frage auf, wie sich Forschung gegenüber Geschichtsdeutungen im ausserwissenschaftlichen Bereich verhalten soll - etwa der Auseinandersetzung mit dem Sozialismus im Spielfilm (Trailer: Tales from the Golden Age, 2009 oder dem preisgekrönten Spielfilm-Drama 4 Monate, 3 Wochen und 2 Tage, 2007), in der Werbung oder verbreiteter Nostalgie.
Aus diesem vielfältigen Repertoire an Themen wählen wir geeignete Schwerpunkte aus und erproben unter Anleitung die Erstellung von Podcasts. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der inhaltlichen Gestaltung - für die technische Realisierung erhalten wir Unterstützung.