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Historisches Seminar

Claudia Stocker

Taten statt Worte – Ein schweizerisches Netzwerk zur Gleichstellung der Frauen in der Arbeitswelt (1986-2002)

Die Studie untersucht die Aktivitäten des Netzwerks „Taten statt Worte“, das Personen aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft bildeten, um die Möglichkeiten von Frauen in der Arbeitswelt zu verbessern. Das von 1986 bis 2002 aktive Netzwerk, dem zeitweise über 80 Unternehmen und Verwaltungen angehörten, leistete Pionierarbeit in der betrieblichen Gleichstellung. Das Wirken des Netzwerks wird erstmals mit Blick auf alle Akteurinnen und Akteure untersucht, d.h. auf die Trägerschaft von „Taten statt Worte“ einerseits und die Unternehmen und Verwaltungen anderseits. Es geht in der Studie darum, das Verständnis von Gleichstellung der Akteurinnen und Akteure zu klären sowie die Frage, inwiefern sich dasselbe in den bearbeiteten Themen und den getroffenen Massnahmen erkennen lässt. Dabei wird von den Hypothesen ausgegangen, dass das jeweilige Gleichstellungsverständnis die Themenschwerpunkte resp. die Gleichstellungsmassnahmen prägt und dass die Trägerschaft von „Taten statt Worte“ auf das Gleichstellungsverständnis und die Massnahmen der Unternehmen und Verwaltungen einwirkte. Die Untersuchung der Gleichstellungsverständnisse sowie der Themen und Massnahmen erfolgt mit Bezug auf die in der Geschlechtertheorie und Gleichstellungsdiskussion verwendeten Konzepte, so das Gleichheitskonzept und das Differenzkonzept, sowie auf die sich darauf unterschiedlich beziehenden Strategien der betrieblichen Gleichstellungspolitik, nämlich die Frauenförderung, das Gender Mainstreaming und das Diversity Management. Die Untersuchung ergab, dass das Verständnis von Gleichstellung die Massnahmen stark bestimmte. Es zeigte sich ferner, dass das Gleichstellungsverständnis des Netzwerks über eine reine Gleichbehandlung von Frauen hinausging. Die Chancen von Frauen in der Arbeitswelt sollten mit gezielten Fördermassnahmen verbessert werden. Grundlage für die Aktivität bildete das Differenzkonzept, wobei anfänglich in den Frauen ein unausgeschöpftes Potential geortet, später der Nutzen der kulturellen Vielfalt in Unternehmungen (Diversity) betont wurde. Bedingt durch den Differenzansatz wurden die Themen (wie etwa Vereinbarkeit von Familie und Beruf) anfänglich nur im Hinblick auf die berufstätigen Frauen diskutiert. Erst später sah man darin ein grundsätzliches gesellschaftliches Problem, das auch die Männer in den Unternehmungen betrifft. Weiter konzentrierten sich die Massnahmen – ausgehend vom Ist-Zustand – zuerst vor allem auf die Weiterbildung von Sekretärinnen, die Kaderförderung von Frauen folgte erst in den späteren 1990er Jahren. Das Verständnis von Gleichstellung in Unternehmen und Verwaltungen teilt dieselben in zwei Gruppen: Die einen begnügten sich mit der Vermeidung von Diskriminierung, die anderen entschieden sich für Förderprogramme, um der faktischen Benachteiligung von Frauen entgegenzuwirken. Dabei lassen sich über die Zeit ein steigendes Problembewusstsein und damit eine Verlagerung zugunsten der zweiten Gruppe feststellen. In der zweiten Hälfte der 1990er Jahre wurde Frauenförderung durch Diversity-Management-Ansätze überlagert. Es zeigte sich, dass die Themenschwerpunkte und die Argumente für Frauenförderung von den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen geprägt waren. Nach dem wirtschaftlichen Strukturwandel in der ersten Hälfte der 1990er Jahren ist eine verstärkte Verknüpfung des Gleichstellungsthemas mit unternehmerischen Zielsetzungen feststellbar. Aufgrund der Studie lässt sich schwer ermessen, welche (historische) Bedeutung das Netzwerk für die schweizerische Arbeitswelt hat. Es fehlt nach wie vor an der faktischen Gleichstellung, doch ist diese schwierig zu erreichen, da Ursächlichkeiten schwieriger zu diagnostizieren sind.