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Die Erforschung der Geschichte der Schweizer Armee konzentriert sich seit über 30 Jahren auf die offiziöse "Geschichte des Schweizer Generalstabs", welche primär die innermilitärische Entwicklung der Armee und die Zusammensetzung des Generalstabskorps (1804 - 1966) thematisiert. Die Weiterentwicklung und Ausgestaltung der Armee unterlag jedoch insbesondere nach dem Zweiten Weltkrieg einer heftigen öffentlichen – auch radikal militärkritischen – Diskussion, welche nach dem Konzeptionsstreit mit der Mirageaffäre einen ersten Höhepunkt erreichte. In den 1970er Jahren wirkte die 68er-Bewegung und in den 1980er Jahren die europaweite "Friedensbewegung" im Zeichen des NATO-Doppelbeschlusses auf die Armeedebatte ein und gipfelte 1989 in der ersten GSoA-Abstimmung, welche die Abschaffung der Armee forderte und dabei einen Achtungserfolg verbuchte. Die durch die demographischen und strategischen Veränderungen notwendigen Armeerestrukturierungen in den 1990er Jahren zeitigten ein bemerkenswertes Renversement des fronts in der Armeekritik. Während das Gros der Linken unter Aufrechterhaltung der traditionellen Abrüstungsforderungen unter dem Eindruck des Jugoslawienkrieges den Umbau der Armee zu einer Friedensförderungsstreitkraft anerkannte, entwickelte sich eine national-konservative Opposition gegen die Armeereformprojekte und gegen die fortgesetzte Transformation der Milizarmee zum Instrument einer auf Kooperation ausgerichteten Sicherheitspolitik. Damit werde die staatsrechtliche und staatsbürgerliche Basis der Milizarmee aus den Angeln gehoben. Das vorliegende Forschungsvorhaben beabsichtigt, die Auseinandersetzungen und Debatten um die Schweizer Armee zwischen 1966 und 2003 anhand ihrer zentralen Themen und Akteursgruppen zu erfassen und zu analysieren. Angestrebt wird dabei ein Verfahren, welches erlaubt, die komplexe Akteursstruktur des schweizerischen militärisch-politischen Systems, den Debattegegenstand "Armee" sowie die medialen und sprachlichen Repräsentationsebenen der Auseinandersetzung adäquat zu berücksichtigen. Dabei ist im Auge zu behalten, dass sich im Untersuchungszeitraum die Medienlandschaft grundlegend veränderte. Die Analyse soll sowohl die interne militärische wie die externe öffentliche Auseinandersetzung und deren gegenseitige Beeinflussung und Überschneidung berücksichtigen und dabei aufzeigen, zu welchen Themen sich welche Akteure zusammentaten und auf welchem militärischen und öffentlichen Feld sie agierten. Um dem Debattegegenstand "Armee" gerecht zu werden, sollen die umstrittenen Eckwerte der Armee (Ziele, Mittel und Kampfmethoden) und die Veränderung der Grundstruktur der Sprach- und Sichtweisen der Akteure im Auge behalten werden. Mit der Verwendung des militärischen Doktrinansatzes und des systemtheoretischen Semantikbegriffes sollen die Zentralpunkte der Armeekritik und die Verortung in den Sprach- und Denkmustern der Akteure gefasst und analysiert werden.