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Epidemien, Krisen und Verfolgungswellen kennzeichnen das Spätmittelalter ebenso wie die Anfänge von städtischer Wirtschaft, Staatlichkeit und europäischen Weltherrschaftsambitionen. Die Vorlesung verfolgt Kontroversen über die Deutung Europas und seiner Stellung in einer «global history» am Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit. Sie behandelt neben politischen Ereignissen ausgewählte Themen der Sozial- und Kulturgeschichte vertieft: die Ausbreitung marktorientierter Wirtschaftsformen, Netzwerke von Fernhändlern und Kriegsunternehmern, die Entstehung frühstaatlicher Administrations- und Herrschaftskulturen, die Konsequenzen neuer Medien und der Wandel von Konzeptionen der Armut, der Familie und des Geschlechts. Berücksichtigt werden gerade auch die Ränder Europas (z. B Skandinavien und Mittelmeerraum) und ihre Interaktionen mit andern Weltregionen.
Das Seminar wirft einen Blick hinter die Kulissen der eidgenössischen Freiheits- und Konkordanzrhetorik. Zur Untersuchung gelangen die sozialen Mechanismen, durch die sich Patrizierfamilien an der Spitze der eidgenössischen Stadt- und Länderorte hielten – und oft über Jahrhunderte hinweg Güter anhäuften. Die Thematik verlangt eine Beschäftigung mit Schnittstellen zwischen Verfassungsordnung, Familienlogik und Schattenwirtschaft. Die aktuelle Forschung zu den Eliten vormoderner Kommunen interessiert sich besonders für die Rolle von kollektiven Besitzformen wie Stiftungen und Fideikommissen. Diese erlaubten es Familien, neben Reichtum auch Ämter, kulturelle Distinktionszeichen und wirtschaftliche Privilegien (etwa im Fernhandel, im Kriegsunternehmertum oder in der Nutzung von Allmenden) langfristig zu monopolisieren und im gleichen Zug innerfamiliäre Hierarchien und Geschlechterordnungen zu etablieren. Auch Gemeinden, Genossenschaften und Korporationen sind bisher einseitig als politische Entscheidungsinstanzen und zu wenig als Instrumente der Ressourcenverteilung untersucht worden. Gerade in dieser Hinsicht ergeben sich neue Perspektiven auf ein prekäres für die Eidgenossenschaft charkateristisches Gleichgewicht zwischen der politischen Partizipation breiter Bevölkerungsgruppen und der Führungsrolle weniger Familien.
Mit Exkursion.
«Warum das ganze Theater mit dem Körper?», fragte die renommierte amerikanische Mediävistin Caroline Bynum 1996 im Titel eines mittlerweile zum Klassiker gewordenen Aufsatzes herausfordernd, während 2003 der grosse französische Historiker Jacques Le Goff zusammen mit einem Wissenschaftsjournalisten in programmatischer Manier «Une histoire du corps au Moyen Âge» veröffentlichte.
An der Körpergeschichte scheinen HistorikerInnen kaum vorbeizukommen, und doch scheiden sich hier die akademischen Geister. Seit den späten 1980er-Jahren kreisten die theoretischen Debatten um die zwei Extrempositionen Konstruktivismus versus Essentialismus. Aus der konstruktivistischen Perspektive erschien der Körper als sozial und sprachlich erzeugtes Konstrukt. Dagegen verstand die essentialistische Position den Körper als etwas «Echtes» und als Ausgangspunkt sämtlicher menschlicher Erfahrungen.
Im Kolloquium setzen wir uns mit dieser theoretischen Debatte auseinander und diskutieren darüber hinaus Texte und Konzepte, die neuere körpergeschichtliche Ansätze aufzeigen. Zugleich bietet die Veranstaltung Einblicke in verschiedenste Aspekte mittelalterlicher Körperlichkeit: in Körperbilder, Körperpraktiken, Körpermetaphern und Körper als Ware. Das Spektrum reicht von den Themen Sexualität, Reproduktion, Zeugung, Geburt, Tod, Geschlecht, Religiosität und Frömmigkeit, Gesundheit, Krankheit, Medizin, Gefühle, Gewalt, Verkauf von Menschenfleisch bis zu körperlichen Missbildungen und Deformationen.
Für Doktorierende im Zeitbereich Mittelalter
Für Lizentierende und Doktorierende